Biologisch abbaubarer Kunststoff, klimaneutral hergestellter Zement oder nachhaltig produziertes Leder aus Pilzen: Biobasiertes Wirtschaften und biotechnologische Verfahren bieten großes Potenzial für den klimagerechten Umbau der Industrie und eine ressourcensparende Kreislaufwirtschaft. Um den Bioökonomie-Standort Nordrhein-Westfalen zu stärken und die Chancen und Herausforderungen umfassend zu analysieren, hat die Landesregierung jetzt einen Bioökonomie-Rat NRW eingesetzt. Dem unabhängigen, 15-köpfigen Beratungsgremium gehören mit Prof. Dr. Monika Hartmann und Prof. Dr. Ralf Pude gleich zwei Fachleute aus der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Bonn an.
15 Expertinnen und Experten aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft wurden heute berufen. Zusammen sollen sie in den kommenden zwei Jahren an einer Bioökonomie-Strategie für Nordrhein-Westfalen mitwirken. Wirtschafts- und Klimaschutzministerin Mona Neubaur sagt: "Die innovative Nutzung von Biomasse und neue biotechnologische Methoden leisten einen zentralen Beitrag für die klimaneutrale Transformation der Industrie und eine ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft. In Nordrhein-Westfalen haben wir das enorme Potenzial der Bioökonomie für wettbewerbsfähige, nachhaltig wirtschaftende Unternehmen und Start-ups längst erkannt und treiben den Ausbau einer biobasierten Wirtschaft ambitioniert voran. Mit der Berufung des Bioökonomie-Rates setzt die Landesregierung ein wichtiges Vorhaben des Koalitionsvertrags um."
Perspektive der Verbrauchenden im Blick
Prof. Dr. Monika Hartmann leitet seit 2002 die Abteilung Marktforschung der Agrar- und Ernährungswirtschaft am Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik. Zuvor hatte sie eine Professur an der Universität Halle sowie am Leibnitz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO, Halle) inne. Prof. Hartmann forscht mit ihrem interdisziplinären Team zu Determinanten von ökologisch, sozial und ökonomisch verantwortungsvollem Handeln im Agrar- und Ernährungssektor. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Verbraucherverhalten in Bezug auf nachhaltigen Konsum und der Akzeptanz neuer Produkte und Technologien.
"Über meine Berufung in den Bioökonomierat-NRW und die damit verbundenen Möglichkeiten, den Transformationsprozess zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele aktiv zu unterstützen, freue ich mich sehr. Die Akzeptanz aller relevanten Stakeholdergruppen ist für eine erfolgreiche Transformation hin zu einer nachhaltigen Bioökonomie entscheidend. Leider erhalten gesellschaftliche Bedürfnisse und Erwartungen der Verbrauchenden oft nicht die ausreichende Aufmerksamkeit. Das möchte ich ändern, damit bio-basierte Innovationen nicht an Akzeptanzmangel scheitern", betont Prof. Hartmann.
Nachwachsende Bau- und Werksstoff für die Praxis
Der Agrarwissenschaftler Prof. Dr. Ralf Pude hat die Professur Nachwachsende Rohstoffe am Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz (INRES) inne und ist wissenschaftlicher Leiter am Campus Klein-Altendorf. Er ist einer der Pioniere auf dem Gebiet der Nachwachsende Rohstoffe - eine Disziplin, die er maßgeblich mit aufgebaut hat. Im Zentrum seines Forschungsinteresses steht seit vielen Jahren Miscanthus, eine mehrjährige Pflanze mit enormen Biomasseerträgen. Unter anderem hat er einen Leichtbeton und andere Bau- und Werkstoffe entwickelt, die auf Miscanthus und anderen Pflanzen basieren.
Den Campus Klein-Altendorf hat Pude schrittweise zum Nachhaltigkeitscampus ausgebaut. Auch hier steht der Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis im Vordergrund. Die Berufung in den Bioökonomierat-NRW freut ihn: "Bislang dauerte der Transfer viel zu lange. Das möchte ich durch mein Engagement ändern. Bei Anbauanreizen für Landwirte gibt es Nachholbedarf. Und dass Landwirte neuerdings auf Stilllegungsflächen keine Nachwachsenden Rohstoffe mehr anbauen dürfen, ist ein Unding!" Auch darum möchte Prof. Pude in den Rat vor allem seine disziplinübergreifende Herangehensweise einbringen.
Folgende 15 Mitglieder sind für die erste dreijährige Sitzungsperiode berufen:
Prof. Dr. Stefanie Bröring, Ruhr-Universität Bochum, Lehrstuhl für Entrepreneurship und innovative Geschäftsmodelle, Akademische Direktorin des Wordfactory Start-up Centers Dr. Peter Enste, Institut Arbeit und Technik der Westfälischen Hochschule, Direktor des Forschungsschwerpunkts Gesundheitswirtschaft und Lebensqualität, Gelsenkirchen Dr. Ricarda Finnern, LenioBio GmbH, Chief Scientific Officer, Aachen und Düsseldorf Timothy Fitschen, Bundesagentur für Arbeit, Bereichsleiter Rheinisches Revier, Brühl Prof. Dipl.-Holzwirtin Katja Frühwald-König, Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe, Clustersprecherin proHolz.NRW, Vorstand des Smart Wood Centers Dr. Christopher Grünewald, Geschäftsführender Gesellschafter Grünewald Papier GmbH & Co. KG, Vizepräsident von DIE PAPIERINDUSTRIE Prof. Dr. Monika Hartmann, Universität Bonn, Institut für Lebensmittel- und Ressourcenökonomik Dr. Gernot Jäger, Covestro, Head of Biotechnology Dr. Christian Lenges, International Flavors & Fragrances (IFF), Venture Director Prof. Dr. Regina Palkovits, RWTH Aachen University, Lehrstuhl für Heterogene Katalyse und Technische Chemie sowie Forschungszentrum Jülich, Institut für Nachhaltige Wasserstoffwirtschaft Thomas Patermann, Vorsitzender der Landesgruppe NRW des Verbandes kommunaler Unternehmen (Sparte Abfallwirtschaft und Stadtsauberkeit VKU/VKS), Vorstandsvorsitzender der Wirtschaftsbetriebe Duisburg AöR Prof. Dr. Ralf Pude, Universität Bonn, Institut für Nutzpflanzenwissenschaften und Ressourcenschutz, Wissenschaftlicher Leiter Campus Klein-Altendorf Prof. Dr. Ulrich Schurr, Forschungszentrum Jülich, Institut für Bio- und Geowissenschaften und Heinrich-Heine Universität Düsseldorf; Bioeconomy Science Center und BioökonomieREVIER Prof. Dr. Petra Schweizer-Ries, Hochschule Bochum, Integratives Institut Nachhaltige Entwicklung, Prof. Dr. Anna von Mikecz, Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung und Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Stellvertretende Vorsitzende NABU NRW
Weitere Informationen gibt es unter: https://www.wirtschaft.nrw/biotechnologiebiooekonomie